JÜTERBOG - Kann es sein, dass du ein Mobber bist? Unter dieser Überschrift erlebten die Neuntklässler der Jüterboger Wiesenoberschule gestern zwei spannende Schulstunden. Schauspieler Hauke Gräwe vom Cottbuser Piccolo-Theater als Mobbing-Opfer Jürgen und Schauspielkollege Werner Bauer als Diskussionsleiter entführten in die Welt der gewaltbereiten Arschloch-, Ficker- und Fotze-Sager, die es nicht nur an Jüterboger Schulen gibt.
Hauke Gräwe als gemobbter Schüler leistet Schwertsarbeit. Sorgsam hat sich sein Publikum hinter Schnellheftern und Getränkekartons verschanzt oder dreht dem Geschehen gleich ganz den Rücken zu. Mäuschen, hör doch mal zu, fordert sein Kollege eine Schülerin auf. Nur langsam durchdringt Gräwe den Schutzwall aus Ignoranz und frechen Zwischenrufen. Doch auch der Schauspieler beherrscht den Jargon und die Tricks der Klassenclowns. Immer öfter gelingt es ihm, die Schüler am Stück zu beteiligen. Der Applaus am Ende klingt echt. An der folgenden Diskussion beteiligen sich fast alle Schüler. Wie wird man zum Mobber?, wollen die Piccolo-Leute von ihren Zuschauern wissen. Wie wird man zum Opfer? Wer kann helfen, die Teufelsspirale zu durchbrechen?
Die Eltern als Helfer scheiden zumeist aus, da sie vom Schulalltag in der Regel nicht viel wissen. Lehrer haben zu viel damit zu tun, den Unterricht am Laufen zu halten, urteilen die Schüler. Die Erkenntnis, dass sie sich ja zusammenschließen und jeden, der Lust am Schikanieren anderer hat, in die Schranken weisen können, überrascht sogar die Schüler selbst.
An der Zusammenarbeit mit dem Piccolo-Theater wollen wir unbedingt festhalten, sagt Schulsozialarbeiter Michael Lehmann. Die Idee, die Theaterleute nach Jüterbog zu holen, stammt von Niedergörsdorfs Jugendkoordinatorin Christin Philipp. Die Finanzierung des Projektes teilen sich beide Kommunen und der Landkreis.
Auch Stücke zu anderen Jugendthemen wie Magersucht, Koma-Saufen und Amok hat Piccolo im Angebot. Das meiste Interesse, so Gräwe, kommt von den Oberschulen. Die Gymnasien halten sich zurück, obwohl die Realität zeigt, dass es dort die gleichen Probleme gibt.
Quelle: MAZ, Jüterboger Echo v. 19.05.2010, Autor: Uwe Klemens