JÜTERBOG - Frühstückspause an der Wiesenschule. Vivian Harnisch, Daniel Schreiber, Erik Mehlis und Jessica Otter sitzen in der Schülercafeteria und können das Ende ihrer Schulzeit gar nicht erwarten. Nicht, weil diese so schlimm war. Aber weil sich die Zehntklässler so auf die Arbeit freuen. Das Geld, die Unabhängigkeit, der Praxisbezug reizen sie. Tiermedizinische Fachangestellte, Landwirt, Baumaschinenmechaniker oder Verwaltungsmitarbeiterin möchten sie werden. Die Bewerbungen laufen, es sieht nicht schlecht aus für die vier.
Gut möglich, dass ihre Schule einen Anteil daran hat. Die Wiesenschule unterstützt ihre Schüler mit zahlreichen Angeboten bei der Berufsorientierung. Jetzt möchten wir dafür die Anerkennung haben, die uns zusteht, sagt Schulleiter Ralf Mund. Er spricht von der Auszeichnung Schule mit hervorragender Berufsorientierung, die das Netzwerk Zukunft Schule und Wirtschaft für Brandenburg jährlich vergibt. Mund erhofft sich davon ein Plus in der öffentlichen Wahrnehmung der Oberschule. Im Mai soll die Entscheidung fallen. Betrachtet man die Aktivitäten der Schule in puncto Berufsorientierung, stehen auch hier die Chancen gut.
Schon in der 7. Klasse geht es los, erklärt Elke Schimmel, Lehrerin für Wirtschaft, Arbeit und Technik (WAT), die das sogenannte Praxislernen betreut. Beim Qualifizierungsverein Niederer Fläming machen sich die Schüler mit ersten Berufsfeldern vertraut. Will ich Maurer werden oder doch lieber Maler? Floristin oder eher Computerexpertin? Noch ist alles offen. Im 8. Schuljahr kommen die Schüler erstmals mit Unternehmen in Kontakt. Sie äußern drei Berufswünsche und wir organisieren einen Tag im Betrieb, sagt Elke Schimmel. Parallel lernen sie im Unterricht, was in den Lebenslauf gehört und was ins Anschreiben. In der 9. Klasse hospitieren die Schüler vier Monate lang einmal wöchentlich in einem Betrieb ihrer Wahl. Zusätzlich steht ein zweiwöchiges Pflichtpraktikum auf dem Lehrplan.
Ziel sei es, dass die Schüler einen Beruf finden und die Ausbildungsfähigkeit erlangen, erklärt Ralf Mund. Das technisch klingende Wort beschreibt, was viele Betriebe schon seit einigen Jahren vermissen: dass die jungen Leute fit für die Ausbildung sind, wenn sie aus der Schule entlassen werden. Der frühe Kontakt zur Berufswelt soll ihnen helfen, Defizite rechtzeitig zu erkennen.
Ob das Konzept aufgeht, hat die Schule bei einer Befragung ermittelt. Darin gaben zirka 71 Prozent der Schüler an, dass ihnen das Praxislernen geholfen habe, ihre Interessen zu erkennen. Immerhin 67 Prozent erkannten durch den Ausflug in die Praxis, dass sie ihre schulischen Leistungen verbessern müssen. Manchmal sind die Praktika auch gut, um zu erkennen, was man nicht will. Wie bei Vivian. Nach ihrer Zeit in der Kita Fläming Kinder und im Spar in Hohenseefeld hat sie sich für den Beruf der tiermedizinischen Fachangestellten entschieden. Das waren trotzdem gute Erfahrungen, sagt sie.
Aber nicht alle Jugendliche profitieren so gut wie sie von den Angeboten, die ihnen die Schule macht, erzählt der Schulleiter. Viele hätten soziale und emotionale Schwierigkeiten. Hinzu kommt, dass die Jugendlichen oft unmotiviert sind, weil die eigenen Eltern arbeitslos sind. Wir übernehmen auch Aufgaben der Eltern.
Quelle: MAZ, Jüterboger Echo vom 01.02.2011, Autorin: Angelika Pentsi