JÜTERBOG -Vor einem Jahr machte es Klick. Tobias Bartel hatte die 9. Klasse gerade wiederholt, sein Notendurchschnitt lag trotzdem nur bei 3,2. Kein Wunder. Anstatt zu lernen, hing er lieber mit seinen Freunden ab. Dann dämmerte ihm: Wenn ich jetzt nicht reinhaue, klappts nicht mit der Ausbildung. Ich hab dann besser im Unterricht aufgepasst, sagt er. Gestern hat er sein Abschlusszeugnis erhalten, Note: 1,7.
So wie Tobias verlassen dieses Jahr 61 Schüler die Wiesenschule mit einem Abschluss, zwei haben es nicht geschafft, berichtet Brigitte Haberland, stellvertretende Schulleiterin. Jeweils 19 Schüler haben die erweiterte Berufsbildungs- und die Fachoberschulreife erworben, 23 zusätzlich die Qualifizierung zur gymnasialen Oberstufe. Die Durchschnittsnote des Jahrgangs liegt bei 2,7. Den besten Abschluss machten Larissa Harzmann und Jessica Lommach, 1,3 steht auf ihren Zeugnissen. Mit Ausnahme von acht Schülern wissen alle, wie es nach den Ferien weitergeht, so Haberland. Sie haben entweder eine Lehrstelle oder gehen ans Oberstufenzentrum nach Luckenwalde, um das Fachabi zu machen.
Eine ordentliche Bilanz, die Haberland nicht nur demographischen Faktoren zugeschrieben wissen will. Sie ist sich sicher: Auch das Berufsorientierungsprogramm an der Wiesenschule hat etwas damit zu tun, dass diese Schüler wissen, wo es hingehen soll. Das ist der erste Jahrgang, der das Programm komplett durchlaufen hat, erklärt die Lehrerin.
Das heißt: In der 7. Klasse haben sich die Schüler beim Berufsqualifizierungsverein Niederer Fläming mit ersten Berufsfeldern vertraut gemacht ob Maurer, Maler oder Floristin. Im 8. Schuljahr haben sie ein eintägiges Betriebspraktikum absolviert. Parallel lernten sie im Unterricht, welche Informationen in den Lebenslauf gehören und welche ins Anschreiben. In der 9. Klasse hospitierten die Schüler vier Monate lang einmal wöchentlich in einem Betrieb ihrer Wahl. Zusätzlich stand ein zweiwöchiges Pflichtpraktikum auf dem Lehrplan. Für dieses Engagement hat die Wiesenschule vergangene Woche den Titel Schule mit hervorragender Berufsorientierung erhalten. Die Auszeichnung wird vom Netzwerk Zukunft Schule und Wirtschaft für Brandenburg jährlich vergeben.
Beim Schulfest gestern konnten Besucher die Ergebnisse der Berufsorientierung auch ganz praktisch in Augenschein nehmen. Die Siebtklässler präsentierten die Arbeiten, die beim Qualifizierungsverein in Luckenwalde entstanden sind, so etwa eigenwillige Schrottskulpturen, die sie an zwei Tagen hergestellt haben. Andere haben einen Baumstumpf mit massiven Kiefernbrettern zu einer Sitzgelegenheit mit Tisch umgebaut, wieder andere servierten Kirschkuchen, Nudelsalat und Grillwürste. Dazu gab es Musik, Tanzaufführungen, Karaoke, eine Modenschau sowie viele weitere Bastel- und Mitmachangebote. Am Abend dann folgte die offizielle Verabschiedung des zehnten Jahrgangs mit Unterhaltungsprogramm und Zeugnisvergabe. Die übrigen Schüler bekommen ihre Zeugnisse heute, dann gehts los in die Ferien.
Tobias Bartel freut sich auf die Verschnaufpause. Gleichzeitig ist er froh, dass sie nicht ewig dauert. Am 1. September beginnt seine Ausbildung zum Zerspanungsmechaniker. Zum Glück hab ich noch die Kurve gekriegt, sagt er. Ich weiß nicht, was sonst aus mir geworden wäre.
Quelle: MAZ, Jüterboger Echo v. 29.06.2011, Autorin: Angelika Pentsi