Kampf um den Erhalt des Schülercafés

Nach zehnjährigem Bestehen droht dem sozialpädagogischen Projekt an der Wiesenschule das Aus

Jüterbog. Die Geschichte des Schülercafés in der Jüterboger Wiesenschule ist eine Erfolgsgeschichte. Trotzdem ist die Existenz der seit zehn Jahren bestehenden Anlaufstelle gefährdet. Denn die derzeit über das Arbeitsamt geförderte Stelle der Café-Leiterin und Schülerbetreuerin wird ersatzlos gestrichen. Ab dem kommenden Schuljahr, so das Schreckensszenario, säßen die Schüler in ihren Pausen wieder dort, wo sie vor zehn Jahren saßen: auf dem Schulhof.

„Dabei geht es um viel, viel mehr, als die bloße Pausenversorgung“, sagt Michael Lehmann, der vor elf Jahren die Hilferufe aus Jüterbog vernahm und seither an der Oberschule als Sozialarbeiter wirkt. Zahlreiche, zum Teil auch auf dem Schulhof ausgetragene Schülerkonflikte hatten damals für Negativschlagzeilen gesorgt und die Bildungseinrichtung lange Zeit als Problemschule erscheinen lassen. Das Schülercafé war eine der ersten Ideen, die Lehmann dem entgegensetzte. Wie gut die Idee bei den Schülern ankam belegt die Tatsache, dass es bis heute keine einzige Pause gab, in der das Café nicht geöffnet gewesen wäre. Das zehnköpfige Team aus Schülern aller Jahrgänge wechselt sich tageweise ab, sodass immer vier Schüler im Einsatz sind. Wer mitmachen möchte, muss sich auf die Warteliste setzen lassen. Außer dem einen Euro Verdienst pro Tag und einer Mahlzeit bekommen die Mädchen und Jungen einen deutlichen Schub an Selbstwertgefühl und Sozialkompetenz, wie Michael Lehmann und Schulleiter Ralf Mund stolz berichten. Die Jugendlichen lernen, Verantwortung zu übernehmen, für Andere da zu sein, hygienische und Qualitätsstandards einzuhalten, verbindliche Absprachen zu treffen und mit ihrer „Kundschaft“ sauber zu kommunizieren, die ihrerseits lernt, sich entsprechen zu verhalten. Auch der Aspekt, dass die Schüler einen Pausenort zum Wohlfühlen haben, der ihnen genauso gut tut wie Erwachsenen, hilft, das Klima an der Schule zu verbessern. „Das Schülercafé ist mein Leben“, sagt auch Karola Renner, die seit zwei Jahren das Café leitet und im Hintergrund all das organisiert, was die Schüler in den Pausen nicht schaffen können. Mit einem offenen Ohr und Anteilnahme hat sie sich das Vertrauen der Schüler erarbeitet und hilft mit Rat. „Manch ein Schüler hat zu Hause weder einen Ansprechpartner, noch jemand, der sich ums Frühstück kümmert“, sagt sie. Dass der Betrieb der sozialpädagogischen Projektes am Geld scheitert, möchten Schulleiter und Sozialarbeit unbedingt verhindern. Ihre Hoffnungen richten sich auf die Schaffung eines Minijobs durch die Stadt. Für den 19. April haben sie deshalb den Sozialausschuss eingeladen, um vor Ort die Möglichkeiten dazu auszuloten.

Quelle: MAZ, Jüterboger Echo vom 13.04.2016, Autor: Uwe Klemens

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Foto: privat