Mittwochs kommen die „Kaffeekinder“ zu ihren alten Leutchen ins Seniorenheim

Erstellt von Matthias Butsch |

BILDUNG: Schokoküsse als kleines Dankeschön

JÜTERBOG - „Ich könnte sie jedes Mal drücken“, sagt Ike Noack. Zumindest aber mit freudigem Händedruck begrüßt der Teamleiter für Betreuung und Beschäftigung im Jüterboger Awo-Seniorenheim an diesem Nachmittag die acht Schüler. Und Erika Hoßbach wartet sogar mit Küssen auf – Schokoküsse, Kekse und was zu trinken sollen einmal ein kleines Dankeschön sein. Die Leiterin des Heimes schwärmt regelrecht von ihren Kaffeekindern, wie sie sie nennt, und von dem, was die 13-Jährigen tun.

Seit einem Vierteljahr kommen an jedem Mittwochnachmittag Schüler der Jüterboger Wiesenoberschule ins Seniorenheim, gehen zu den älteren Leuten aufs Zimmer, erzählen, spielen oder singen mit ihnen. Herzliche Beziehungen zwischen Kindern, die die Enkel, und alten Leuten, die ihre Großeltern sein könnten, haben sich inzwischen entwickelt. Da ist zum Beispiel Lucas Alexander, der nicht gleich mit am Kaffeetisch Platz genommen hat, sondern erst einmal zu seiner Oma Asta auf’s Zimmer gegangen ist und dann erklärt: „Ich musste erstmal Bescheid sagen, dass ich da bin – sie wartet doch auf mich.“ Oder Nina Vogt, die ihre Oma auch nicht im Ungewissen lassen will, und die 85-jährige Irmgard Fett vom Zimmer aus an den Kaffeetisch rollt.

Nina und Lucas sind von Anfang an dabei und gehören eigentlich nicht mehr zum Team, in dem die Schüler ab und an ausgewechselt werden. Allerdings haben sie ihre Omas so lieb gewonnen, dass sie sie jetzt nicht einfach im Stich lassen wollen. Und sie schauen auch nicht nur mittwochs, sondern auch an anderen Tagen mal vorbei.

„Das ist so schön“, sagt Irmgard Fett und streichelt ihrer Nina liebevoll die Hände. Nina erzählt, dass sie sich gegenseitig aus Büchern vorlesen, oft aus Kinderbüchern, dass sie einfach plaudern und es interessant sei, wenn die alten Leute aus ihrer Kindheit und Jugend erzählen. Und es werde viel gesungen, sagt Nina – ihre Oma Irmgard mag am liebsten die „Märkische Heide“. Und Lucas erzählt, dass er mit seiner Oma Asta sogar Computerspiele macht, ansonsten mit der erst 47-Jährigen aber so schwer kranken Frau redet und ihr DVDs von den Auftritten seiner Band vorspielt. „Ich komme jetzt meist montags her“, erklärt Lucas, „weil ich da besser Zeit für Oma Asta habe.“

Von so großem Engagement der Schüler ist selbst Lehrerin Elke Schütte überrascht. „Ich war anfangs skeptisch“, erzählt die Lehrerin, die auch für die Ganztagsgestaltung an der Wiesenoberschule zuständig ist, „aber dann meldeten sich auf Anhieb über 30 Schüler, die mitmachen wollten.“ Dass jetzt noch einige sogar außerhalb des eigentlichen Projekts ins Seniorenheim zu ihren Omas und Opas gehen, hält sie schon für äußerst bemerkenswert. „Und unsere Heimbewohner reagieren super“, meint Erika Hoßbach.

Die immerhin 94-jährige Marie Wegner, die jetzt in ihrem Rollstuhl mit dem 13-Jährigen zusammen am Kaffetisch sitzt, kann das nur bestätigen: „Die Kinder erzählen so schön und hören sogar zu, was wir zu erzählen haben. So geht uns der Kontakt nach draußen nicht verloren – man will doch schließlich auch noch was erleben.“
Quelle: MAZ, Jüterboger Echo, 13.03.2008, Autor: Matthias Butsch

<< Zurück